Online-Umfrage zur Beteiligung am Klimaschutzkonzept der Verbandsgemeinde Diez
Am 22.06.2022 wurden im Rahmen der Auftaktveranstaltung in der Turnhalle der Karl-von-Ibell-Schule die Energie- und Treibhausgasbilanz der Verbandsgemeinde Diez vorgestellt.
Zudem wurden Potenziale und verschiedene Szenarien zu einer möglichen klimafreundlicheren Zukunft entwickelt und präsentiert. Die Folien zum Nachlesen finden Sie → hier.
Ab sofort kann auch der → Online-Fragebogen beatwortet werden:
https://arcg.is/1O4KTD
Wir freuen uns auf Ihr Feedback und hoffen, dass sich möglichst viele an dem Prozess beteiligen!
Bericht zur Klimaschutz-Auftaktveranstaltung
22. Juni 2022
Am 22.06.2022 fand in der Turnhalle der Karl-von-Ibell-Schule in Diez die Auftaktveranstaltung zum integrierten Klimaschutzkonzept der Verbandsgemeinde Diez statt. Vor rund 75 Teilnehmer*innen wurde das Klimaschutzmanagement vorgestellt und über den aktuellen Stand in dem Prozess der Konzepterstellung informiert. Zudem wurden an dem Abend erste Ideen gesammelt, wie der Klimaschutz weiter vorangetrieben und die Klimaneutralität auf kommunaler Ebene erreicht werden kann. In den kommenden Monaten wird es weitere Beteiligungsformate geben.
Begrüßung
„Der menschengemachte Klimawandel ist
eine der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts! Klimaschutz ist deshalb
eine vorrangige Aufgabe, bei der die Kommunen als Akteure eine ganz
entscheidende Rolle haben. Doch Klimaschutz auf lokaler Ebene funktioniert nur,
wenn wir es schaffen, möglichst alle mitzunehmen. Dann nämlich kann Klimaschutz
zu einem echten Erfolgsmodell und zum Gewinn für alle werden – die Umwelt, die
Bürgerinnen und Bürger, aber auch die heimische Wirtschaft.“ Nach dieser
Begrüßung durch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Diez, Michael Schnatz, ging
es schnell zur Sache. Denn, wie Klimaschutzmanager Richard Koch zu Beginn
betonte, „es gibt eine volle Agenda“.
Vorstellung des Klimaschutzmanagements und des Konzeptaufbaus
Koch stellte heraus, dass bereits Schritte zu mehr Nachhaltigkeit in der Verbandsgemeinde unternommen wurden. Aus Gründen der Klimaerwärmung dürfe aber keine weitere Zeit mehr verstreichen, um den Klimaschutz aktiv anzugehen. Die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre hängen direkt mit der Erderwärmung zusammen. Laut den Autoren des sechsten Sachstandsberichtes des Weltklimarates (IPCC 2021/2022) müssen die Weichen noch in diesem Jahr gestellt werden, um das auf der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris beschlossene 2-Grad-Ziel zu erreichen. Und das bedeute nicht, dass bis 2030 Gesetze angepasst und Pläne formuliert würden. Es bräuchte die Umsetzung konkreter Maßnahmen. Bei einem weiteren Anstieg der globalen Temperaturveränderung über zwei Grad seien weiter Kipppunkte zu erwarten, die wiederum eine Steigerung der Häufigkeit und Intensität von extremen Wetterereignissen zur Folge habe.
Im Anschluss wurde das Mikrofon an die
Klimaschutzmanagerin Jasmin Lemler des Rhein-Lahn-Kreises übergeben. Der
Landkreis befinde sich derzeit, wie die Verbandsgemeinde Diez, in der Konzepterstellung.
Frau Lemler betonte die Wichtigkeit der Vernetzung unter den
Klimaschutzmanager*innen. Die Stellen werden meist neu geschaffen und auch die
meisten Klimaschutzmanager*innen sind Quereinsteiger. Somit bedürfe es einem
intensiven Austausch für erfolgreichen Klimaschutz auf kommunaler Ebene.
Frau Verena Nijssen vom hessischen Kreis
Limburg-Weilburg stellte ihr Klimaschutzmanagement vor. Das Konzept dort wurde
bereits 2014 erstellt. Frau Nijssen arbeite derzeit an diversen Projekten. Im
Bereich Bildung wurde beispielsweise ein Theaterstück initiiert. Vereine werden
bei der Umrüstung auf LED-Beleuchtung unterstützt. Der Kreis beteilige sich im
Bereich Mobilität an der hessenweiten Aktion „Besser zur Schule“, und plane die
Erstellung eines Radverkehrskonzeptes. Auch Frau Nijssen betonte die
Wichtigkeit von Zusammenarbeit zwischen den benachbarten Regionen.
Vorstellung der Energie- und Treibhausgasbilanz
- Alle Folien zum Nachlesen finden Sie → hier.
Bei der Vorstellung der Ergebnisse der territorialen, energiegebundenen Treibhausgasbilanz durch den Mitarbeiter Demian Wolfering des unterstützenden Ingenieurbüros energielenker projects GmbH wird schnell klar: Auch in der Verbandsgemeinde Diez besteht großer Handlungsbedarf. Die energiegebundenen Treibhausgas-Emissionen ergeben sich in 2019 auf lokaler Ebene zu 6,63 Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalenten (CO2e) pro Einwohner*in.
Die meisten der Teilnehmer*innen (11 von
20) der Abendveranstaltung schätzten, wie Abbildung 1 zeigt, in der
interaktiven Umfrage, dass der regionale Ausstoß 8 Tonnen CO2e pro
Einwohner*in beträgt. Dies entspricht in etwa dem Wert des deutschen
Durchschnitts von 7,9 Tonnen CO2e pro Einwohner.
Das Ergebnis der Umfrage ist in Abbildung 1 zu sehen. Dass das lokale Ergebnis (6,6 Tonnen) nicht höher liegt, hat aber auch mit der territorialen Bilanzierungsmethode zu tun: So führt zum Beispiel nur ein sehr kurzer Abschnitt einer Autobahn durch das Gebiet der Verbandsgemeinde. Zudem gebe es keinen Flughafen und keinen sehr energieintensive Industrie. Diese in anderen Regionen ansässigen Infrastrukturen würden aber ja trotzdem von Bürger*innen in der Verbandsgemeinde Diez genutzt.
Abbildung 1: Mentimeter-Umfrage zu den
Pro-Kopf-Emissionen in der Verbandsgemeinde Diez
Insgesamt ergibt sich 2019 für die Verbandsgemeinde Diez ein Endenergiebedarf von 553.796 Megawattstunden (MWh), was einem Wert der Treibhausgasemissionen von 166.957 Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalenten (CO2e) entspricht. Eine Megawattstunde entspricht 1.000 Kilowattstunde. Wie in Abbildung 2 zu sehen, sind ca. 42 % davon den „privaten Haushalten“ zuzuschreiben. Den zweitgrößten Bereich stellt der „Verkehrssektor“ mit ca. 34 % dar. Die Bereiche „Gewerbe, Handel, Dienstleistung“ und „Industrie“ beanspruchen jeweils ca. 11 % für sich. Die „kommunalen Einrichtungen“ haben einen Anteil von ca. 2%.
Abbildung 2:
Zuordnung der Treibhausgasemissionen in der Verbandsgemeinde Diez zu
verschiedenen Sektoren in 2019
Erzeugung von Strom durch erneuerbare Energien
Im Jahr 2019 wurden in der Verbandsgemeinde Diez ca. 33.637 MWh Strom aus Erneuerbaren Energien gewonnen. Wie Abbildung 3 zeigt, stammt dieser zu 60 % aus Wasserkraft, zu 19 % aus Photovoltaik-Nutzung, zu 15 % aus Windkraft und zu ca. 5 % aus Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Einen kleinen Beitrag unter 1 % leistete noch die Stromgewinnung aus Klär-, Deponie- und Grubengas. Insgesamt konnten in 2019 ca. 44 % des Strombedarfs durch die Erneuerbaren Energien gedeckt werden. Vom Endenergiebedarf (inklusive aller Energieverbräuche wie Wärme, Verkehr, Mechanik etc.) werden dadurch ca. 6 % gedeckt.
Abbildung 3:
Einteilung des Stroms aus erneuerbaren Energien in der Verbandsgemeinde Diez
2019 nach deren Quelle
Klimaschutzziele auf Ebene von Bund, Land und Kommune
In der Bundesrepublik Deutschland soll bis 2045 Netto-Klimaneutralität erreicht werden. Die Koalition in Rheinland-Pfalz sieht in ihrem „→ Zukunftsvertrag“ vor, die Klimaneutralität bis 2035, spätestens bis 2040, zu erreichen. Für dieses Ziel ist ein Umbruch in allen Bereichen notwendig. In einer interaktiven Befragung über das Mobiltelefon konnten die Zuschauer mitteilen, wann ihrer Meinung nach die Klimaneutralität in der Verbandsgemeinde Diez erreicht werden soll. Die meisten Antworten (14 von 31) kamen dabei für das Zieljahr 2035, wie in Abbildung 4 zu sehen.
Abbildung 4: Mentimeter-Umfrage zum Zieljahr für
die Klimaneutralität in der Verbandsgemeinde Diez
Potenziale in der Verbandsgemeinde für eine klimafreundlichere
Zukunft
Für die Potenziale in der Verbandsgemeinde
wurden in den vergangenen Monaten diverse Aspekte untersucht. Die
Ausbaupotenziale der Erneuerbaren Energien sind für die Erreichung der Klimaneutralität
essentiell. Für die Stromerzeugung zeigt Abbildung
5 die Potenziale der
verschiedenen erneuerbaren Energien in Megawattstunden pro Jahr (MWh/a). Der
Bereich Windenergie (410.808 MWh/a) bietet demnach das größte Potenzial. Auch
auf den Dachflächen in der Region finden sich noch große Potenziale für die
Installation von Photovoltaik-Anlagen (268.876 MWh/a). Für
Photovoltaik-Freiflächenanlagen ergibt sich ein Potenzial von 102.675 MWh/a.
Die Potenziale der Wasserkraft sind mit errechneten 20.621 MWh/a demnach auch
noch nicht ausgeschöpft. Bei der Wärmeerzeugung ergeben sich Potenziale in den
Bereichen Solarthermie (17.648 MWh/a), Biomasse (34.413 MWh/a), Biogas (11.426
MWh/a) und Umweltwärme (73.879 MWh/a).
Abbildung 5: Maximale Potenziale der erneuerbaren Energien in der Verbandsgemeinde Diez zur Strom- und Wärmegewinnung
Szenarien für die Verbandsgemeinde Diez – Beispielhaft für das Zieljahr
2040
Aufbauend auf den Potenzialen wird in verschiedenen
Szenarien dargestellt, welche Pfade sich für die kommenden Jahren ergeben. Das
Ziel der Klimaneutralität erfordert ambitionierten Klimaschutz. Dieser ist nur
als gemeinschaftliches Projekt zu erreichen. In allen
Bereichen wie Abfall, Abwasser, Verkehr, Strom, Wärme, Netze, kommunale
Einrichtungen, Gewerbe, Handel, Dienstleistung, Industrie und Privathaushalte
sind effektive Maßnahmen zur Treibhausgaseinsparung gefragt. Das Trendszenario stellt dabei eine Vision
dar, in der die bisherigen Klimaschutzbemühungen fortgeführt werden. Das Klimaschutzszenario steht für
ambitionierten Klimaschutz bis zum Zieljahr – hier mit 2040 angenommen.
Während sich im Trendszenario der Endenergiebedarf der privaten Haushalte bis 2040 um ca. 10 % reduzieren würde, wären im Klimaschutz-Szenario ca. 30 % notwendig. Die Sanierungsrate müsste also etwa verdreifacht werden. Der zeitliche Verlauf ist in Abbildung 6 zu sehen.
Auch im Verkehrssektor gibt es große Einsparmöglichkeiten. Für das Klimaschutzszenario in Abbildung 7 wird der motorisierte Individualverkehr (MIV) stark reduziert, während alternativen Verkehrsformen, wie öffentliche Personennahverkehr und Radverkehr, weiter ausgebaut werden. Gleichzeitig werden, wie in Abbildung 8 zu sehen, die zurückgelegten Fahrzeugkilometer im Zieljahr 2040 überwiegend mit alternativen Antriebsystemen zurückgelegt. Hierzu gehören beispielsweise der Elektromotor sowie die Brennstoffzelle mit Wasserstoff.
Abbildung 6: Entwicklung des Endenergiebedarfes in den privaten Haushalten für die zwei untersuchten Szenarien
Abbildung 7: Zeitliche Entwicklung der Fahrleistung im Trendszenario (links) und im Klimaschutzszenario (rechts)
Die zeitliche Entwicklung der Wärmeversorgung aus unterschiedlichen Quellen ist in Abbildung 9 dargestellt. Während im Trendszenario die fossilen Brennstoffe auch im Zieljahr 2040 noch einen Anteil von über 40 % beanspruchen, sinkt dieser im Klimaschutzszenario auf 0 %. Der Wärmebedarf sinkt im Klimaschutzszenario um ca. 15 %, während der Rest aus alternativen Quellen zur Verfügung gestellt wird (zum Beispiel Fernwärme, Biomasse, Solar- und Geothermie, Umweltwärme und Heizstrom).
Abbildung 8: Zeitlicher Verlauf der Entwicklung der Fahrleistung verschiedener Antriebssysteme in der Verbandsgemeinde Diez
Abbildung 9: Zeitlicher Verlauf der Wärmeversorgung im Trendszenario (links) und im Klimaschutzszenario (rechts)
Der Strombedarf steigt, wie in zu sehen, bis zum Jahr 2040 in beiden
Szenarien, da durch die Sektorenkopplung Strom auch vermehrt in den Bereichen
Wärmeerzeugung und Mobilität eingesetzt wird.
Abbildung 10: Zeitliche Entwicklung des Strombedarfes im Trendszenario (links) und im Klimaschutzszenario (rechts)
Dabei steigt der Strombedarf in im Klimaschutzszenario stärker an, da die erzeugung erneuerbaren Stroms große Potenziale birgt.
Ideensammlung in der Gruppenarbeit
In einer Gruppenarbeit sammelten die
Teilnehmer*innen der Abendveranstaltung erste Ideen zu den drei Themen
Mobilität, Energieversorgung und Gebäude. Es konnten auch Chancen und Bedenken
bezüglich einzelner Ideen geäußert und diskutiert werden. Die Ergebnisse aus
der Gruppenarbeit werden im weiteren Prozess der Maßnahmenfindung als Grundlage
dienen.
In den folgenden Abbildungen finden sich Fotos der drei Tafeln:
Abbildung 11: Gruppenarbeit „Energieversorgung"
Abbildung 12:
Gruppenarbeit "Mobilität"
Abbildung 13:
Gruppenarbeit "Gebäude"
Weitere Akteursbeteiligung
In drei Workshops zu den Themen Mobilität,
Energie und Verwaltung sollen in den kommenden Monaten Maßnahmen weiter
ausformuliert, bewertet und priorisiert werden.
Ein → Online-Fragebogen ist ab sofort freigeschaltet und bietet allen Interessierten bis Ende Juli die Möglichkeit, eigene Ideen und Erfahrungen sowie Orts- und Fachwissen einzubringen. Zudem können Anregungen, Fragen, Ideen direkt an den Klimaschutzmanager Richard Koch weitergeleitet werden, damit sie in den Prozess einfließen.
In seiner Schlussrede motivierte Schnatz noch einmal alle Akteure, sich aktiv am Klimaschutz sowie an der Konzepterstellung zu beteiligen. „Es ist nicht zu spät. Es ist nie zu spät für einen Wandel in eine nachhaltigere Zukunft. Jede und jeder Einzelne kann einen wichtigen Beitrag leisten, um unsere Zukunft lebenswert zu gestalten!“